Studie zu persistierender Zottenatrophie: Langzeitfolgen und Score für Risikopatienten

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Zöliakie-Patienten, deren atrophische Darmzotten sich unter glutenfreier Diät nicht erholen, leiden unter persistierender Zottenatrophie. Sie haben ein erhöhtes Risiko für Komplikationen und Sterblichkeit. Annalisa Schiepattie et al. (2023) untersuchten dieses Risiko in einer multizentrischen Längsschnitt-Kohortenstudie und entwickelten einen Score zur Identifizierung von Hochrisikopatienten.

Eine persistierende Zottenatrophie trotz glutenfreier Ernährung ist ein häufiges, aber immer noch recht unklares klinisches Szenario. Der Phänotyp von Zöliakie-Patienten, bei denen das Risiko einer persistierenden Zottenatrophie besteht, wurde bisher nicht definiert. Die Studie von Annalisa Schiepattie et. al. beschäftigte sich mit der persistierenden Zottenatrophie (pVA).

Methode

Die multizentrische retrospektiv-prospektive Studie bestand aus einer Studienkohorte (Kohorte 1) und einer externen Validierungskohorte (Kohorte 2) von Patienten mit nachgewiesener Zöliakie, die zwischen 2000 und 2021 diagnostiziert worden waren. Kohorte 1 diente dazu, (i) die Langzeitfolgen von Patienten mit und ohne persistierender Zottenatrophie (Marsh ≥3a) bei der Folgebiopsie zu vergleichen und (ii) einen Score zu entwickeln, der das Risiko einer persistierenden Zottenatrophie bewertet und in Kohorte 2 validiert wurde.

Ergebnisse

Von 2211 Patienten unterzogen sich 694 (31 %) einer Nachuntersuchung mittels Duodenalbiopsie und wurden in die Studienkohorte aufgenommen (491F, 44±16 Jahre). Davon hatten 157 (23 %) eine persistierende Zottenatrophie. Das Risiko für Komplikationen (HR 9,53, 95 % CI 4,77 bis 19,04, p<0,001) und die Sterblichkeit (HR 2,93, 95 % CI 1,43 bis 6,02, p<0,01) waren bei Patienten mit persistierender Zottenatrophie erhöht. Es wurde ein 5-Punkte-Score entwickelt und extern validiert (Receiver Operating Characteristic Area under the Curve 0,78, 95 % CI 0,68 bis 0,89), um die Patienten nach dem Risiko einer persistierenden Zottenatrophie zu unterteilen: niedrig (0-1 Punkte, 5 % pVA), mittel (2 Punkte, 16 % pVA) und hoch (3-5 Punkte, 73 % pVA). Risikofaktoren, die in den Score einflossen, waren:

  • Alter bei der Diagnose ≥45 Jahre (OR 2,01, 95 % CI 1,21 bis 3,34, p<0,01)
  • klassisches Muster der CD (OR 2,14, 95 % CI 1,28 bis 3,58, p<0,01)
  • fehlendes klinisches Ansprechen auf GFD (OR 2,40, 95 % CI 1,43 bis 4,01, p<0,001)
  • schlechte GFD-Adhärenz (OR 48,9, 95 % CI 26,1 bis 91,8, p<0,001)

Fazit

Diese multizentrische Studie identifiziert den klinischen Phänotyp von erwachsenen Zöliakie-Patienten, die trotz glutenfreier Ernährung ein Risiko für die Entwicklung einer persistierenden Zottenatrophie haben. Die Studie zeigt zudem, dass die persistierende Zottenatrophie die Entwicklung maligner Komplikationen und die Mortalität bei Zöliakie-Patienten vorhersagt.

Es wurde ein 5-Punkte-Score entwickelt und validiert, um Patienten nach ihrem Risiko für eine persistierende Zottenatrophie einzuteilen, basierend auf dem Alter bei Diagnosestellung (≥45 Jahre), dem klassischen Zöliakiemuster, dem fehlenden klinischen Ansprechen auf eine glutenfreie Diät und der schlechten Compliance bei der glutenfreien Diät. Bis zu 40 % der Patienten mit persistierender Zottenatrophie haben keine anhaltenden Symptome. Mit Hilfe des Scores können Hochrisikopatienten identifiziert werden, auch wenn sie keine Symptome aufweisen. Der Score basiert auf klinischen Daten, die zum Zeitpunkt der Zöliakie-Diagnose sowie während der Nachsorge verfügbar sind. So können Patienten mit einem hohen Risiko für eine persistierende Zottenatrophie identifiziert werden, die folglich eine Nachsorgebiopsie benötigen. Im Gegensatz dazu haben Patienten mit einem niedrigen Score selten eine persistierende Zottenatrophie, sodass bei diesen Patienten eine Folgebiopsie vermieden werden kann. Patienten mit mittlerem Risiko sollten von Fall zu Fall beurteilt werden.

Quelle